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Wikingair @ Secret Kite Camp

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2019
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11:48
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Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Däne. Er braute Bier, irgendwo im Süden. Ich weiss nicht wo. Ich weiss noch nicht mal wie er hiess. Ich spreche kein Wort Dänisch. Aber der lustige Dänische Captain Kim spricht Englisch. Er läd mich ein, vier Tage lang sein Secret Kite Camp AmazingPhilippines.dk am Ende der Welt zu bereiten. Ich nehme dankend an.

Die zweistündige Überfahrt ab Coron ist ein Abenteuer. Für mich. Captain Kim nennt die guten zwei Meter Seegang auf seinem acht Meter langen Speedboat ab der zweiten Halbzeit “gemütlich”. Die harten Schläge nach hohen Wellen lassen mich den Laptop lieber stehend im wasserdichten Sack schultern. Out of my warm life hands. Recht gut geduscht landen wir nach zwei Stunden im karibisch-türkisen Flachwasserkanal zwischen den Inseln Nangalao und Secret Island.

Wir sind so weit weg von allem wie irgend möglich, genau in der Mitte zwischen Coron und Palawan. Ich ziehe erst mal den Schwanz ein. Der ohnehin mächtig blasende Amihan wird im 750 m breiten Flachwasser zwischen den beiden Inseln durch 200 m hohe Hügel auf beiden Seiten zusätzlich beschleunigt. Er kachelt recht bockig mit 24 bis 32 Knoten über den einen Quadratkilometer großen Stehbereich. Da der Wind immer über den hügeligen Ostzipfel Nangalaos pfeifft ist er etwas bockig.

Ob dem nahenden Sonnenuntergang verkündet Captain Kim im nicht abflauen wollenden Wind die letzte Session des Tages. Ich habe Angst. Mein 10er Core XR verspricht limitöses Reiten. Doch in allen Böen ist er wieder mal der gutmütigste aller vorstellbaren Flugmaschinen. Der Grundwind fordern den letzten Zipfel Depower.  Aber der Core steht immer wie eine Eins genagelt am Himmel. Nach einer Weile eingrooven gebe ich dem Adjuster Zucker.

Im bei Flut gar nicht so glatten Wasser zwischen den Inseln reisst er mich eine gute Stunde lang in derbe Höhen. Nicht wegen Technik. Einfach nur weil ich bis zum Sonnenuntergang über kleine Kickerwellen permanent überpowert bleibe. Ich hätte gerne gewusst, wie hoch ich kam. Doch ohne Internet-Verbindung verweigert die Woo App jegliche Aussage. Was soll dieser Schwachsinn, ihr WooDioten? Was bringt eine App, die zum Online sein und öffentlicher Bekanntgabe der eigenen Leistung verpflichtet? Ich will meine Leistung auch ohne Internet und nur für mich checken können!

Dem Dutzend Dänischen Gästen bin ich sehr dankbar, daß sie für den einzigen anderssprachigen nicht ständig die Sprache wechseln. Deutschland hat zwei Kriege begonnen und verloren. Aber wenn mich die Hotelchecker Ina und Nina mal wieder erfolgreich hypnotisiert haben kommt es mir manchmal so vor, als wäre der Tourismus unsere größte und langfristigste Schande.

Unter Einsatz einer großen Flasche Tanduhay nehme ich an allen Spielen der nächtlichen Wikinger-Olympiade teil. Ich verliere zwei Runden Poker, eine Vier gewinnt, spiele untentschieden Schach und gewinne im Dart. Mit dem jungen  Wikinger David  überlege ich noch kurz weit jenseits der Mitternacht im immnoch brezelnden Hackwind kiten zu gehen. Aber auch Wahnsinn kennt wohl seine Grenzen. Ich falle sicher in meiner kleinen Hütte direkt am Strand tot ins Bett.

Am Morgen reisen fast alle ab. Robinson schaut von der einsamsten Insel der Kite-Odyssee hinterher. Bei Ebbe kannst du fast trockenen Fusses auf die Nachbarinsel Nangalao gehen. Zum Kiten muss man jetzt ein gutes Stück rausgehen. Neopren-Schuhe sind ratsam. Im Flachwasser gibt es einige kleine aber recht scharfe Steine. Sie sind neben ab und zu Abheben in den Böen bei Start und Landung die einzige Gefahr an diesem magischen Kitespot. Erst am späten Nachmittag zur Flut bin ich wieder halbwegs einsatzbereit.

Bei Flut laufen die kleinen Windwellen aus dem Luv mit milden 30 cm dank C-Form nach innen egal aus welcher Richtung der Amihan ansteht an einer Stellen immer passend als kleine Kicker ein. Es ist nicht so einfach sie zu finden. Je nach Tiden wechseln ihre Positionen recht weitreichend. Aber wenn du sie erst mal gefunden hast, dann bist du im Himmel der Wikinger. Erwischt du eine noch dazu in der Böe richtig, dann  springst du den Wikingair. Versemmelte Landungen sind ob oft nur 30 cm Wasser manchmal etwas hart. Aber im Himmel sind eh alle schon längst gestorben. Oder?

Am nächsten Morgen kratzt mich Captain Kim viel zu früh aus dem Bett. Er will mir die andere Seite zeigen. Die andere Seite ist die Ebbe. Du kommst jetzt fast trockenen Fusses 750 m rüber auf die Nachbarinsel Nangalao. Zum Kiten musst du jetzt 150 m Richtung Lee gehen. Hinter der Sandbank zwischen beiden Inseln bildet sich jetzt ein spiegelglattes Trick-Labor par Excellence. Der Wind hackt mit 27 bis 35 Knoten.

Ein Schweizer vom gerade vor Anker liegenden Katamaran Soniya versemmelt vollgas einen Sprung. Sein Board fliegt mir filmend fast ins Gesicht. Er braucht danach eine Rippenmassage. Ich freue mich unendlich, dass meine Sprünge in der schon etwas früher einlaufenden Flut in den maximal 20 cm tiefen kristallklaren Lagunen alle gut liefen. Die Motivation dort sauber zu landen mag leicht gesteigert gewesen sein.

Am Abend geht es nochmal zu einer Flut-Session raus. Ich kreuze erstmals zu den 300 m im Luv gelegenen Riffwellen auf. Sie brechen über harten Untergrund mit bis zu eineinhalb Meter Höhe. Auch die äußeren Riffwellen folgen einem C. Egal woher der Wind weht: es gibt immer eine Stelle für massive Kicker oder eine Line, in denen man die Wellen für einige dutzend Meter sauber abreiten kann. Für schmerzfreie Stürze ist hier wie fast immer in Riffwellen keinerlei Raum.

Captain Kareem lädt mich ein, seinen gerade vor Anker liegenden 15m Katamaran Soniya im Rahmen eines hervorragenden Abendessens zu besuchen. Er beklagt die Abwerbung seines viele Jahre geschulten Kochs durch das neue Kitecamp auf Liwagao. Kareem berechnet pro Nacht und Person auf seinem luxuriösen Katamaran 180 € all inclusive. Auf Liwagao berechnet man 200 € pro Nach. Das ist der Preis für den teuersten Luftmatratzen-Schlafsaal der Philippinen – und leider auch einen guten Koch. Wer Bock auf individuelle Luxus-Katamaran-Kitetrips auf den Philippinen hat, hier Kareems Kontaktdaten: +63 921 4654 757 #FreedomKitesurfingPhilippines. Touren kann man ab drei Tagen buchen.

Der Abend ergiesst sich unter Meier und viel Tanduhay über Kitevideos. Keines dieser Video findet man auf Youtube. Doch der Minimalismus und die klaren Cuts zu besten Sounds von DJs aus Ibiza sind das beste was ich in 20 Jahren Editing je gesehen habe. Kennt ihr das Youtube Video, in dem ein Kiter an der Leine hinter dem Boot am Drachen baumelt? Ich befürchte Kareem hat es erfunden. Andere die Kohle gemacht. Danke für die Einlandung und das spitzenmässige Essen, Kareem! Unter funkelnden Sternen und einem an Muscheln aufgereihtem glitzernden horizontalem Weihnachtsbaum falle ich ins Bett.

Mein letzter Tag auf Secret Island ist der Erholung gewidmet. Von zahlreichen heftigen Einschlägen nach BigAirs tut alles weh.  Am Abend führt in der letzten Kite-Session immernoch höllisches Kopfweh zu drei Backstall / Safety Abbrüchen bei Start und Landung. Der Wind geht das erste mal in vier Tagen auf löchrige 18 Knoten runter. Ich bin durch. Ausrüstung Packen. Ein letztes Abendmahl. In der Nacht entpuppt sich der vermeintliche Hangover als Virus mit heftigem Fieber, Übelkeit und noch mehr Kopfweh.

Tags darauf bringt mich Captain Kim mit dem Speedboot zurück nach Coron. Der Wind auf Secret Island ist mit Bislig Beach nach Pagudpud der heftigste der Philippinen. Vier Tage lang lag der Grundwind zwischen 24 und 30 Knoten bei Böen plus fünf.

In Coron verkündet die Woo dank Internet meine neue Bestleistunng mit 10,7 m Wikingair bei über 150 Sprüngen mit zusammen 600 Höhenmetern. Voll der Dankbarkeit knicken meine Knie vor dem Bett in Coron ein. Nachdem sie erfahren haben, daß wieder mal ein Philippino nichts gebacken bekommt. Die Tourist Info schaffte es binnen vier Tagen nicht mein Ticket nach Mindoro zu buchen. Ausverkauft. Das nächste freie Boot geht in sechs Tagen.

Secret Island Kitespot Pro

  • Bis aufs Camp unbewohnte Robinson Insel am Ende der Welt. Absolute Ruhe.
  • 1 km² großer karibisch-türkiser Stehbereich
  • One Stop Kite Shop. Labor-Flachwasser, Lagunen, Welle und foilbare Tiefen tidenabhängig direkt vor der Haustür.
  • Keine Hindernisse
  • Platz ohne Ende
  • Starke sideshore Winde, etwas bockig
  • 30 m vom Bett aufs Brett
  • Herzlich lieber Besitzer und Angestellte
  • Leihmaterial und Kite-Schulung verfügbar
  • Kite und Board Storage inclusive

Secret Island Kitespot Contra

  • Durch die entfernte Lage in der Mitte zwischen Coron und Palawan frisst das Speedboot satte 50l Super auf jeder Fahrt ab/bis Coron. Das schlägt sich zurecht in den Preisen nieder.
  • Überfahrt kann heftig und feucht sein.
  • Keinerlei Telefon oder Internet. Generator-Strom nur im Restaurant.
  • Duschwasser aus der Quelle ist ab und zu etwas salzig. Sollte ab 2020 dank Entsalzungsanlage behoben sein.
  • Einige kleine scharfe Steine im Stehbereich. Neoprenschuhe sind ratsam.
  • Mir fehlten Liegestühle / gemütliche Fläz-Sessel. Sollen bald kommen.
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